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„Opferrechte stärken: Koordinierung schaffen und ohne Einflussnahme ermöglichen!“

Offener Brief an die Landtagsfraktionen NRW

Dienstag, 21.11.22

Maria 2.0 Deutschland


An die Fraktionen von
CDU, SPD, FDP und Bündnis 90/Die Grünen im NRW-Landtag
21.11.2022


Sehr geehrte Damen und Herren,


die Reformgruppe Maria 2.0 begrüßt, dass die SPD-Fraktion den Umgang mit und die Aufarbeitung von sexuellem Missbrauch in Gesellschaft und Kirche thematisiert hat und dass dem nordrheinwestfälischen Landtag der Antrag „Opferrechte stärken: Koordinierung schaffen und Aufarbeitung von Missbrauchstaten unabhängig und ohne Einflussnahme ermöglichen!“ vorgelegt wurde. Maria 2.0 unterstützt diesen Antrag voll umfänglich, denn es ist eines unserer wesentlichen Anliegen, dass sexualisierte Gewalt in der katholischen Kirche umfassend recherchiert und aufgearbeitet wird.
Wir teilen die Ansicht, dass die Verantwortlichen in der Kirche es nicht aus eigener Kraft geschafft haben, die Missbrauchsfälle in ihren Reihen so aufzuklären, wie es aus Sicht der Betroffenen und der Öffentlichkeit angemessen wäre. Die Tatsache, dass in der katholischen Kirche das Prinzip der Gewaltenteilung nicht praktiziert wird, sondern alle Aufgaben in einer Hand liegen, leistet diesem Problem Vorschub. Die Folgerung, dass die Verantwortung für Aufklärung und Aufarbeitung daher von staatlichen, unabhängigen Instanzen zu übernehmen ist, ist eine der Kernforderungen von Maria 2.0. Dabei geht es uns neben der konsequenten Aufarbeitung auch um die Anwendung gleicher Standards in allen Bistümern. (Es gibt tatsächlich Bistümer, die die Aufarbeitung von Missbrauch in der katholischen Kirche noch nicht einmal begonnen haben.)
Die Forderung, im Falle von Missbrauch Akten zur Aufarbeitung auch nach der Verjährung einsehen zu können, wird helfen, Licht von außen in eines der dunkelsten Kapitel der Kirchengeschichte zu bringen. Nur so wird es der vorgeschlagenen unabhängigen Wahrheitskommission ermöglicht, den Betroffenen auch nach vielen Jahren zu ihrem Recht zu verhelfen.
Von Missbrauch betroffen sind nicht ausschließlich Kinder und Jugendliche. Seelsorge und geistliche Begleitung führen häufig zu enger persönlicher Nähe. Diese Nähe kann in sexualisierter Gewalt münden, die oft mit spirituellem Missbrauch beginnt. Deshalb halten wir es für unbedingt notwendig, gesetzliche Maßnahmen auf alle potentiell Betroffenen, nicht nur Kinder und Jugendliche, auszudehnen, wie in der Erweiterung des entsprechenden Paragraphen §174c StGB gefordert.
In diesem Zusammenhang verweisen wir auf das „Wort der deutschen Bischöfe“ zur Seelsorge vom 08.03.2022, in dem es heißt: „Auch wenn im Strafgesetzbuch §174c StGB bei der Aufzählung professioneller Beratungs-, Behandlungs- oder Betreuungsverhältnisse, in denen sexuelle Handlungen strafbar sind, das seelsorgliche Verhältnis nicht erwähnt wird, ist die Ausnutzung einer seelsorglichen Beziehung für Übergriffe bis hin zu sexuellem Missbrauch strafbar und muss bei den zuständigen Staatsanwaltschaften wie auch innerkirchlich angezeigt werden.“ (S.47f)
Wir hoffen, dass Ihre Landtagsfraktionen den Antrag der SPD-Fraktion unterstützt.
Mit freundlichen Grüßen


Maria 2.0
Altfrid Norpoth


Maria 2.0 Deutschland ist der Zusammenschluss von über 100 Ortsgruppen der Bewegung Maria 2.0. Seit 2019 setzen sich engagierte Christinnen und Christen verschiedener Altersgruppen und sexueller Orientierungen für die Überwindung des Machtmissbrauchs und für tiefgreifende Reformen in der katholischen Kirche ein, für eine Kirche in der Nachfolge Jesu.
Infos und Kontakt: Maria 2.0 Deutschland:
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